Fünf Fragen an …
Dr. Silvius Grobosch,
Hauptgeschäftsführer des
Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME)
„Durch Eindeutigkeit und Klarheit der Regeln können sich beide Vertragsparteien vor Rechtsstreitigkeiten schützen“
Welche Rolle spielen die Incoterms® im Einkauf?
Unsere Einkäufer, Logistiker und Supply-Chain-Manager wissen um deren Bedeutung für die deutsche Außenwirtschaft. Viele unserer Mitgliedsunternehmen sind als Global Player auf den internationalen Beschaffungsmärkten unterwegs. Dabei vertrauen Sie insbesondere auf die Incoterms. Denn das weltweit bekannte und von der Internationalen Handelskammer (ICC) entwickelte Regelwerk spielt sowohl im internationalen Warenverkehr als auch für innerdeutsche Verträge in der Beschaffung eine wichtige Rolle.
Wie unterstützen die Incoterms® die Mitglieder des BME in ihrer Arbeit?
Incoterms®-Bestimmungen erleichtern Einkäufern, Logistikern und Supply-Chain-Managern den globalen Geschäftsverkehr. So lassen sich mithilfe dieses Regelwerks unter anderem internationale Handelsbräuche besser fixieren. Die Abgrenzung zu anderen Klauseln, die im Wirtschaftsverkehr verwendet werden, wird ebenfalls erleichtert. Zudem sind die Incoterms® ein wichtiges Steuerungsinstrument für Auslandsverträge.
Welche Wünsche haben Sie diesbezüglich an den Handel?
Sie sind international anerkannt und gültig, sie sind klar definiert, und es kennt sie so gut wie jeder. Wenn wir diese Regeln beispielsweise nur in Deutschland verabschiedet hätten und die Dänen hätten eine auch nur leicht abweichende Version davon, dann würde es vielleicht zu Problemen oder Konflikten kommen. Aber dadurch, dass die Klauseln international verabschiedet werden, sind sie wirklich für alle Seiten einheitlich. Und gerade im komplexeren internationalen Umfeld ist es natürlich nur sinnvoll, sich auf Bedingungen zu einigen, die so klar und transparent wie möglich sind. Genau das bieten die Incoterms.
Wie schätzen Sie die Bedeutung der Incoterms® aus Ihrer Perspektive ein?
Die Incoterms® sind für unsere Mitglieder seit Langem von großer Bedeutung. Geschätzt wird vor allem, dass sich die seit 1936 von der ICC herausgegebenen Incoterms®-Klauseln zu einem verlässlichen internationalen und auch nationalen Standard für Handelsverträge entwickelt haben. Die Incoterms® genießen bei unseren Einkäufern, Logistikern und Supply-Chain-Managern eine große Wertschätzung. Denn sie regeln die Verteilung der Transportkosten, den Gefahrenübergang und die Details einer Geschäftsabwicklung. Durch Eindeutigkeit und Klarheit der Regeln können sich beide Vertragsparteien vor Rechtsstreitigkeiten schützen – auch das ist für unsere Klientel sehr wichtig. Viele Einkäufer sind allerdings nicht im Bilde darüber, wann welche Incoterms® für ihr eigenes Unternehmen am sinnvollsten sind. Die Aktualisierung der International Commercial Terms sollte deshalb zum Anlass genommen werden, entlang der Prozesskette hinsichtlich der Art und Weise einer Lieferung von Gütern die Risiken und Chancen noch besser abzuwägen. Es geht letztlich darum, die Warenströme zu entschleunigen, um sie effizienter zu steuern, und darum, die Prozesse am Wareneingang zu optimieren, die Personalkosten zu senken sowie die Liquidität und das Betriebskapital zu verbessern.
Was bedeutet die Neuerscheinung der Incoterms® 2020 für Ihre Mitglieder?
Sie erhoffen sich davon noch klarere Regelungen für gegenseitige Vertragsverpflichtungen. Mithilfe der Neuerscheinung der Incoterms® 2020 sind künftig noch schnellere Vertragsabschlüsse möglich. Dadurch werden auch auftretende Missverständnisse zwischen den Vertragspartnern – wenn nicht vermieden – so zumindest minimiert. Letztlich lassen sich künftig auch kostenintensive Rechtsstreitigkeiten vermeiden. Klar ist aber ebenso: Die Incoterms® 2020 werden im Geschäftsleben nur den gewünschten Erfolg bringen, wenn sich Einkäufer, Logistiker, Supply-Chain-Manager und Dienstleister gegenseitig vertrauen. Sie müssen diese Umstellung wirklich wollen.
Der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e. V. (BME) wurde 1954 gegründet und ist heute der führende Fachverband für Einkäufer, Supply-Chain-Manager und Logistiker in Deutschland und Kontinentaleuropa. Die rund 10.000 Mitglieder – von der Einzelperson bis zum Großunternehmen – kommen aus allen Branchen und Sektoren, unter anderem aus der Industrie, dem Handel, öffentlichen Einrichtungen und dem Finanzwesen. Sie kaufen jährlich Waren und Dienstleistungen für rund 1,25 Billionen Euro ein; das entspricht mehr als einem Drittel des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Der BME verfolgt unter anderem das Ziel, den Transfer von Know-how durch einen ständigen Erfahrungsaustausch zu ermöglichen. Des Weiteren fördert er die Aus- und Weiterbildung von qualifiziertem Personal sowie die wissenschaftliche Arbeit an neuen Methoden, Verfahren und Techniken. Außerdem unterstützt der BME seine Mitglieder bei der Erschließung neuer Märkte und gestaltet wirtschaftliche Prozesse und globale Entwicklungen mit.